Mit den Mietern denken

Wenn man sich die Frage stellt, welche Nutzungsarten der Immobilienwirtschaft kurzfristig am stärksten von der Corona-Pandemie und den Auflagen von Bund und Ländern betroffen sind, muss man nicht lange überlegen. Schon wenige Tage nach dem Ausbruch der Krise in Deutschland klagte das Hotelgewerbe in Deutschland über explosionsartige Rückgänge bei Buchungen und Reservierungen. Und auch der Einzelhandel ist in akute Bedrängnis geraten. Damit meine ich nicht den Lebensmittel-Einzelhandel, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Zeiten eine enorm wichtige Funktion erfüllen. Nein, aber Deutschlands Gastronomen, Textilhändler, Friseure, Bäcker und Fleischer – und noch mehr – sind stark betroffen.

Schnelle Reaktion wichtig

Der Zyklus hat sich gedreht – deutlich stärker und schneller, als die meisten von uns das erwartet hätten. Während der Einzelhandel aufgrund der wachsenden Konkurrenz durch den eCommerce bereits vor Corona mit Leerständen und sinkender Nachfrage zu kämpfen hatte, trifft es den Hotelsektor vollkommen unvorbereitet. Schließlich stiegen die Übernachtungszahlen seit Jahren konstant. Jetzt ist eine schnelle Reaktion erforderlich – und zwar von allen Beteiligten. Dafür muss auch unsere Branche als Eigentümer und Verwalter von Einzelhandels- und Hotelflächen aktiv und innovativer im Denken werden. Wir müssen uns die Frage stellen, wie unsere Mieter weiterhin Geld verdienen und wie wir dabei unterstützen können. Wir müssen die Partnerschaft mit unseren Mietern auf eine neue Stufe heben. Schließlich sichert deren Geschäft nicht nur deren Existenz, sondern auch die unserer Assets. Es gilt, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Was können wir als Branche tun?

Lassen Sie mich ein paar Gedanken für kurzfristige Möglichkeiten geben. Ein sehr positives Beispiel, das ich bei LinkedIn gelesen habe, stammt von Achat Hotels. Der Hotelbetreiber hat prompt reagiert und seine Hotelzimmer zu Sonderkonditionen als Einzelbüros angeboten. Wäre ich Eigentümer seiner Hotelimmobilien, wäre ich begeistert. Lassen Sie uns weiterdenken. Warum etwa nutzen wir unsere Reichweiten als Unternehmen und Unternehmer nicht, um die Online-Angebote unserer betroffenen Mieter zu bewerben? Hier könnten wir kurzfristig für wachsende Umsätze sorgen. Wieso bewerben wir die Gastroangebote unserer Mieter nicht in unseren Intranets und internen Newslettern? Essenslieferungen sind existenziell für viele Restaurants. Und so haben wir auch im Homeoffice noch leckeres Essen (ohne selbst kochen zu müssen). Unseren Mietern zeigen diese kleinen Gesten, dass wir sie nicht alleine lassen. Und dieses Signal ist ungeheuer wichtig in einer Phase der Stagnation.

Das Mietverhältnis ist unser wichtigstes Verhältnis

Wir sollten in Zeiten von Corona also nicht nur auf staatliche Hilfen hoffen, sondern selbst überlegen, wie wir einen Beitrag leisten können. Unsere Branche hat in den letzten Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen und viel Geld verdient. Das liegt vorrangig an unseren Mietern. Im Hotel- und Einzelhandelssektor sehen wir bereits, dass die gleichen Mieter Unterstützung benötigen. Und hier können und sollten wir einen wichtigen Beitrag leisten. Wann haben Sie zuletzt mit Ihren Mietern gesprochen und Hilfe angeboten? Oft reicht es auch, gemeinsam zu überlegen. Wir brauchen kurzfristige, aber auch mittelfristige Lösungen.

Lassen Sie uns in guten, aber eben auch in schlechten Zeiten mit unseren Mietern zusammenstehen. Das Mietverhältnis ist schließlich das wichtigste Verhältnis der Immobilienwirtschaft.